Wirtschaftsspiegel Thüringen - Ausgabe 6/14 - page 35

Energiewende in Thüringen
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Foto: ThEGA
agentur die Umsetzung des Energie-
konzeptes in Thüringen vor Ort durch
Beratung und Betreuung mit vorantrei-
ben kann.
Die EEG-Novelle stellt uns sicher vor
neue Herausforderungen und wir hätten
uns für die eine oder andere Frage-
stellung auch eine andere Lösung ge-
wünscht. Unter dem Strich aber müssen
wir akzeptieren, dass das EEG nun im-
mer weniger die Funktion eines Markt-
anreizprogrammes erfüllen wird, wir
müssen uns der Markt-Integration der
Erneuerbaren Energien stellen. Die
Technologien haben mittlerweile auch
größtenteils einen dafür benötigten
Reifegrad erreicht. Wichtig ist auch,
jetzt Erfahrungen zu dokumentieren
und diese in die Vorbereitung der
nächsten EEG-Novellierung einzubrin-
gen, die sicher in nicht allzu ferner Zu-
kunft auf uns zukommen wird.
Die Wirtschaft klagt über hohe
Energiekosten. Allerdings ist es
illusorisch anzunehmen, dass
sich daran etwas ändert. Es geht
also nur über Effizienz. Wo ver-
muten Sie da die größten
Potenziale?
Sicherlich kann man sich dieser Frage
von Seiten der technologischen Aspekte
nähern. Immer wenn es sich um Druck-
luft, Lüftung oder Pumpen handelt, ist
fast sicher ein größeres Potenzial vor-
handen. Ich plädiere aber dafür, sich in
den Unternehmen aktiv und kontinuier-
lich mit dem Thema Energie zu be-
schäftigen. In den meisten Unterneh-
men ist gar nicht bekannt, an welcher
Stelle wie viel Energie verbraucht wird
und wann und wie oft Lastspitzen beim
Energieverbrauch auftreten. Nur durch
die Einführung eines Energiemanage-
ments im Unternehmen kann ich mir ei-
nen Überblick über meine Verbräuche
verschaffen und ganz gezielt Einspar-
maßnahmen angehen. Die Einführung eines Energie-
managementsystems in einem Unternehmen wird da-
rüber hinaus vom Staat mit einer Steuerersparnis ho-
noriert und mit Fördermaßnahmen unterstützt.
Welche Angebote kann die ThEGA Unter-
nehmen machen, die dabei helfen, ihren
Energieverbrauch zu senken?
Wir selber können den Unternehmen eine Initialbera-
tung anbieten. Wir zeigen Ihnen, was sie tun können,
wo sie kompetente Detailberatung bekommen und
welche Fördermittel für sie zur Verfügung stehen.
Darüber hinaus zeichnen wir jährlich herausragende
Projekte mit dem Thüringer EnergieEffizienzpreis der
ThEGA aus. Auf unserer Homepage finden Sie die
Projektbeschreibungen der Preisträger der letzten
Jahre. Hier zeigt sich, dass es mit manchmal einfachen
Mitteln gelingen kann, pro Jahr sechsstellige Summen
einsparen zu können.
Am Ende werden die Unternehmen aber
Geld in die Hand nehmen müssen, um in ef-
fizientere Maschinen und Prozesse zu inves-
tieren. Welche Fördermöglichkeiten gibt es?
Hier ist beispielhaft das Energieeffizienz-Programm
des Landes zu nennen. Neben einem Zuschuss für die
Energieberatung gibt es zusätzliche Mittel für an-
schließende Investitionen. Wir müssen jedoch abwar-
ten, in welcher Form die neue Landesregierung dieses
Förderprogramm fortschreiben wird. Darüber hinaus
gibt es eine Reihe weiterer Fördermöglichkeiten auf
Bundesebene, so etwa die Angebote der Kreditanstalt
für Wiederaufbau (KfW) oder des Bundesamtes für
Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA).
Zum Schluss möchte ich Sie um
eine Prognose bitten. Von Be-
rufs wegen müssen Sie ja davon
ausgehen, dass die Energiewen-
de gelingt. Deshalb die Frage:
Wann werden wir sagen können,
dass es wirklich ein Erfolg war,
der international beispielgebend
ist?
Den Erfolg der Energiewende möchte
ich gar nicht mit einer Jahreszahl oder
irgendeinem Ausbau- oder Einsparziel
verbinden. Der Erfolg ist vielmehr, dass
der erforderliche Systemwechsel im
Energiebereich von einer breiten Basis
getragen wird – und das ist schon heu-
te der Fall! Energiethemen stehen im
Forschungsbereich oben auf der Liste,
sie sind ein prägendes Thema der
Bundes- und Landespolitik, Kommunen
und Unternehmen befassen sich in zu-
nehmendem Maße mit ihrer eigenen
Energieversorgung und ihrem Energie-
management. Neue Produkte, Dienst-
leistungen und Geschäftsmodelle wer-
den in zunehmendem Maße am Markt
angeboten. Auch die traditionellen
Energieversorgungsunternehmen stel-
len sich dem Thema und entwickeln
neue Angebote. Vor allem aber enga-
gieren sich die Bürger, sie schließen
sich zusammen und gründen Energie-
genossenschaften, Vereine oder GmbHs
und nehmen ihre Energieversorgung
selber in die Hand. Auch der private
Häuslebauer greift alternative Energie-
konzepte bei der Verwirklichung seines
Lebenstraums von den eigenen vier
Wänden in zunehmendem Maße auf.
Kurz gesagt: Wir sind auf dem Weg und
kaum etwas kann uns noch aus der
Richtung bringen! Bei so viel Engage-
ment und Aktivitäten ist es mir um den
Erfolg der Energiewende nicht bange.
Wann wir dann konkret welches Ziel er-
reicht haben, ist dabei beinahe neben-
sächlich …
Interview: Torsten Laudien
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ThEGA-Leiter Prof. Dieter Sell
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